Schlimmer geht immer...

Samstag Nachmittag waren wir endlich wieder zuhause, also erstmal ankommen, Auto ausräumen, Blumen gießen, usw...

So richtig beschwerdefrei war ich ja seit Lüneburg nicht wirklich, ich habe extra nur wenig gegessen, um mein Verdauungssystem so gut wie möglich zu schonen. Jetzt zuhause wollte ich aber wieder ordentlich essen. Aber beim Abendessen ist mir schon ein gewisses Völlegefühl aufgefallen. Na ja, ich hatte ja schon einiges erlebt die Woche und wollte meinem Körper etwas Zeit geben.

Abends wurden die Beschwerden im Oberbauch dann doch stärker. Und gegen 20.30 Uhr habe ich mich schweren Herzens entschlossen, nochmal ins Krankenhaus zu fahren. Viel zu groß war die Sorge, dass die Bauchspeicheldrüse mehr abbekommen hatte, zumal der hierfür relevante Lipase-Wert zuletzt angestiegen war. Mit diesem Wissen und auch den Unterlagen aus Lüneburg sind wir also nach Altenkirchen ins DRK Krankenhaus gefahren. Meine Schmerzen wurden mittlerweile deutlich stärker. In der Notaufnahme wurde ich mit der Begründung abgewiesen, dass man sich bei der Rettungsleitstelle abgemeldet habe mangels Bettenkapazität und aufgrund eines fehlendes Arztes. Wir möchten uns daher bitte an den hausärztlichen Bereitschaftsdienst (im gleichen Haus) wenden, der mir ebenso helfen könnte.

Unglaublich aber wahr !!!

Den hausärztlichen Bereitschaftdienst konnte ich gerade noch fußläufig erreichen. Die dort diensthabende Ärztin (geschätztes Alter ca. 70 Jahre) macht das sicher nur nebenbei, um entweder ihre Rente ein wenig aufzubessern bzw. um überhaupt mit sicherzustellen, dass der Dienst am Laufen bleiben kann. Die Kommunikation musste ab jetzt meine Frau übernehmen, da ich aufgrund der mittlerweile sehr starken Schmerzen nicht mehr in der Lage war zu sprechen. Der Ärztin war aber ziemlich schnell klar, dass sie mir nicht helfen kann und ich stationär behandelt werden muss - vor allem bei dem Vorbefund. Man wollte mir ein Schmerzmittel injizieren und die Krankenhäuser abtelefonieren, wer mich aufnehmen kann. Eilig herbeigerufene Pfleger und auch die Ärztin haben es zu dritt nicht geschafft, mir einen Zugang zu legen. Zwischenzeitlich kam vom Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz die telefonische Zusage zur stationären Aufnahme. Ich sollte mit Rettungswagen und Notarztbegleitung nach Koblenz gebracht werden. Aus Koblenz kam auch direkt der Hinweis, dass -wenn sich die Diagnose bestätigen sollte- direkt Morphin gespritzt werden muss, um die Fahrtdauer zu überbrücken (immerhin normalerweise ca. 45 min). Nur hatte ich immer noch keinen Zugang. Letztendlich konnte mir der Notfallsänitäter vom Rettungswagen einen Zugang legen, er hatte auch Morphin im Auto, im Krankenhaus gab es das nicht. Das letzte, was ich da noch selber gehört habe war, dass eine Schwester keinen Blutdruck mehr bei mir feststellen konnte...

Irgendwann lag ich dann im Rettungswagen. Mit Blaulicht und (wie mir der Fahrer hinterher erzählt hat) 160 km/h über die Autobahn sind wir dann irgendwann im Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz angekommen. Aufgrund der telefonischen Ankündigung wurde ich bereits erwartet. Die Schmerzen waren durch die Medikamente mittlerweile besser geworden. Es wurden sofort erste Untersuchungen eingeleitet und schon sehr bald war klar, dass die Beschwerden nicht von der Bauchspeicheldrüse kommen, da der Lipase-Wert unauffällig war.

Einige Stunden später bin ich auf die Station gekommen. Nach unzähligen Untersuchungen und Blutentnahmen war schnell klar, dass die Gallenblase das Problem ist. Schon in der Nacht habe ich Antibiose und starke Schmerzmittel per Infusion bekommen. Die Antibiose hat aber nicht angeschlagen, weshalb zweimal Blutkulturen angelegt wurden, um zu sehen, welches Bakterium der Auslöser war. Zudem wurde ein CT der Gallenblase gemacht, auch hier hat sich der akute Entzündungszustand bestätigt. Die Gallenblase muss raus. Jetzt hatte ich das Problem, dass ich aufgrund meiner Gerinnungsstörung Medikamente zur Blutgerinnung einnehme. Die müssen aber 48 Stunden vor dem Eingriff abgesetzt werden. Ich kann also erst übermorgen operiert werden. In der darauffolgenden Nacht haben sich die Entzündungswerte nochmal verdoppelt, so dass morgens um 4 Uhr entschieden wurde, dass die Gallenblase jetzt raus muss. Zudem wurden die Schmerzen wirklich heftig. 3 Stunden später habe ich im OP gelegen, das Risiko der Blutgerinnung nimmt man jetzt in Kauf. Als ich wieder wach wurde, fand ich mich im Aufwachraum wieder. Mir lief der Schweiß von der Stirn und eine Schwester hat mir gesagt, ich hätte während des Eingriffes so stark geschwitzt, dass die Elektroden zur EKG Überwachung nicht gehalten haben - eine Reaktion auf die starke Entzündung. Gegen Mittag wurde ich dann auf Station gebracht und kurz darauf kam auch der Arzt, der mich operiert hat und vermeldete, dass es aufgrund der fortgeschrittenen Entzündung ein ziemlich schwieriger Eingriff war, aber dennoch alles zu seiner Zufriedenheit geklappt hat. Die Entzündung der Gallenblase war schon soweit voran geschritten, dass diese bereits an der Leber festklebte.

In den nächsten Tagen konnte ich gute Fortschritte in Punkto Erholung und Nahrungsaufnahme machen. Man wollte mich aber länger zur Kontrolle behalten als üblich. Ich bekam nun eine angepasste Antibiose zur Entzündungshemmung. Diese gibt es allerdings nur als Infusion und nicht in Tablettenform, weshalb die Therapie im Krankenhaus beendet werden muss. Nach drei Tagen konnten die Schmerzmittel abgesetzt werden und ich braucht nur noch abends eine leichte Dosis zum Schlafen. Fünf Tage nach dem Eingriff bekam ich dann auch die Information, dass man mir direkt auch wieder den in Lüneburg gesetzten Stent entfernen möchte, am liebsten noch unter der Gabe der Antibiose. Ihr erinnert Euch, der durfte ja eh nur max. drei Monate drin bleiben. 

Die erneute ERCP wurde dann auch direkt dort durchgeführt. Wieder unter der Gabe von Kontrastmittel konnte man noch zwei kleine Gallensteine (als Überreste der Gallenblase) aus dem Gallengang bzw. dem Stent entfernen und abschließend diesen dann auch ziehen. Sofern es keine Komplikationen im Hinblick auf die Bauchspeicheldrüse gibt, dürfte ich nach einer Kontrollnacht das Krankenhaus verlassen.

So kam es, dass ich am 12. Tag tatsächlich entlassen wurde. Kurz vorher wurde nochmal ein Ultraschall gemacht und auch die Fäden wurden bereits gezogen. Aber ich darf tatsächlich nach Hause, nach fast drei Wochen Krankenhausaufenthalt (Lüneburg und Koblenz zusammen) ein kaum fassbares Glück...


Danke an die Belegschaft des Bundeswehrzentralkrankenhauses Koblenz für die erstklassige Versorgung. Und natürlich danke an meine liebe Frau, die in diesen drei Wochen auch weit über ihre eigenen Grenzen gehen musste...



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