Die vierte Woche mit dem ADC

Die vierte Woche hat heute begonnen, ergo habe ich heute die zweite Infusion des Wirkstoffes erhalten. Tatsächlich war es gar nicht ganz so sicher, ob das heute auch klappen sollte...

Vorletzte Woche Donnerstag zeigte sich in der Verlaufskontrolle des Blubildes ein geringer Leukozythen Wert. Der lag bei 4,1 (Referenzwert beginnt erst bei 4,4). War aber noch unspektakulär, in der Onkologie lächelt man nur müde über solch geringe Abweichungen. 

Montags war ich dann wieder im CIO zur offiziellen Beendigung der TKI Studie. Natürlich wurde hier nochmals ein Blutbild gemacht und hier zeigte sich ein deutlicher Rückgang der Neutrophile, einem bestimmten Teil der Leukozyten. Der Standard-Wert sollte zwischen 1,9 - 8,0 liegen, ich hatte nur 0,5. Das ist gar nicht gut, denn dadurch steigt die Infektanfälligkeit rapide an und nahezu 100% aller Patienten bekommen innerhalb weniger Tage einen Infekt. Im Krankenhaus würde man damit auf die Isolierstation kommen. Ich bekam also Spritzen, die die Blutbildung im Knochenmark anregen sollen. Es waren drei Spritzen für drei Tage. Das Setzen der Spritzen ist unkompliziert, aber die Nebenwirkungen haben es in sich. Da das Mitel in die Blutbildung eingreift, wird dementsprechend das Knochenmark angeregt. Und das führt dann zu Knochenschmerzen. Leute, ich kann Euch sagen... Aber wichtig war, dass die Werte steigen, denn sonst wäre die Infusion heute in Gefahr gewesen. Am vierten Tag musste ich erneut zur Blutkontrolle. Da waren die Werte schon über 20,0 angelangt, also viel zu hoch. Das ist aber unkritisch, weil das vom Körper in kurzer Zeit abgebaut wird.

Was aber unheimlich war... genau diese Blutabnahme hat mir im Nachgang wieder Sorgen bereitet, als dass ich am Folgetag Schmerzen im linken Arm -ausgehend von der Einstichstelle- bekam. Das konnte doch nicht wahr sein. Es fühlte sich aber nicht ganz so kritisch an, weshalb ich entschied, bis zum heutigen Tag zu warten und damit in Köln aufzuschlagen.

Dementsprechend wurde das Thema "Blutgerinnung" heute intensiv diskutiert. Wir haben im Arztgespräch lange über Antikoagulation gesprochen, die Unterschiede subkutaner als auch oral verabreichter Hemmstoffe erörtert und ich habe in dem Termin auch noch etwas lernen können. Denn letztlich könnte ich mir einen der zuletzt verabreichten Gerinnungshemmer aussuchen, mit dem ich am besten klarkomme, sie alle setzen an der gleichen Stelle der Gerinnungskaskade an und haben eine gleiche Wirkweise als auch Wirkstärke. 

Am Ende können alle aber eines nicht: Mir das Restrisiko einer erneuten Thrombose aufgrund der Tumorerkrankung nehmen. 

Denn nur mal am Rande: Durch meine erblich bedingten Gerinnungsstörungen (ja, es sind tatsächlich zwei verschiedene Faktoren) ergibt sich bei mir ein erhöhtes Thromboserisiko um dem ca. 7-fachen bzw. 10-fachen gegenüber der Normalbevölkerung. Das Gesamtrisiko wird aber nicht durch die Summe der beiden Faktoren ermittelt, vielmehr multiplizieren sich die Werte, also mein bisheriges Risiko war bereits 70x höher als bei einem gesunden Menschen. Jetzt kommt noch die Tumorerkrankung dazu, die erhöht das Risiko nochmals um den Faktor 3 - 6. Also habe ich ein Gesamtrisiko, welches irgendwo zwischen dem 210 - 420-fachen liegt !!!

Damit wird auch klar, wieso ich solch ein Problem damit habe...

Die zweite Therapie heute war aber gut auszuhalten, ich würde sogar behaupten, dass ich sie heute besser als letztes Mal verkraftet habe. Bin gespannt, wie die Nacht wird, denn als Vorab-Infusion bekommt man eine ordentliche Ladung Kortison zur besseren Verträglichkeit. Da hab ich letztes Mal schon die Nacht durchgemacht. Wir werden sehen. Für morgen bekomme ich übrigens eine andere Spritze zur Blutbildung, die wird zeitnah zur Infusion verabreicht und hat durch eine Art Depot-Wirkung einen Langzeitschutz von knapp einer Woche. Da bin ich auf die Nebenwirkungen gespannt.

Es bleibt weiterhin spannend und Ruhe kommt schon mal gar nicht rein. Dennoch habe ich die Hoffnung, dass zukünftig doch etwas "Normalität" (wenn man das überhaupt in diesem Zusammenhang sagen kann) in unserem Leben Einzug halten könnte. Ich würde es mir zumindest sehr wünschen...

Ganz zum Schluss noch etwas Werbung fürs CIO in Köln. Schaut mal hier rein. Unter 4:18 findet ihr einen Kurzbericht von Prof. Dr. Halleck. Er ist Direktor der Klinik und hat mich auch schon behandelt. Ich bin immer noch dankbar, dort therapiert werden zu dürfen...





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